Digiskopie oder afokale Fotografie – also mit einem Kameraobjektiv durch ein Okular zu fotografieren – ist eigentlich nichts neues. Im Prinzip funktioniert unser Auge genauso: Die Pupille bündelt das Licht und projiziert ein Bild auf die Netzhaut. Heute ist in jedem besseren Smartphone eine Kamera verbaut, die alten Kompaktkameras weit überlegen ist. Was liegt also näher, als mit dem Handy durch das Okular zu fotografieren?
Nichts leichter als das – im Prinzip müssen Sie lediglich das Handy mittig und gerade hinter das Okular halten und abdrücken. In der Praxis gibt es ein paar Fallstricke zu beachten, damit Sie schöne Bilder des Mondes erzielen.
Der Mond im Okular
Fangen wir mit dem Teleskop an: Jedes Fernrohr, Spektiv oder Fernglas, in dem Sie den Mond schön sehen, ist geeignet. Im Idealfall verwenden Sie ein Okular mit niedriger Vergrößerung und großem Gesichtsfeld. So können Sie den gesamten Mond auf den Kamerasensor bannen – wenn Sie die Technik beherrschen, können Sie immer noch höher vergrößern. Sie benötigen noch nicht einmal eine motorische Nachführung – auch wenn sie das Arbeiten sehr vereinfacht: Der Mond bewegt sich sehr rasch durch das Bildfeld. Das kleine Video wurde mit einem iPhone 5S durch das 20mm-Okular eines AstroMaster 70AZ aufgenommen und zeigt das sehr schön. Ohne Nachführung müssen Sie sich beeilen, um die Kamera auf den Mond auszurichten! Um den Mond wieder in die Bildmitte zu bekommen, stellen Sie die Achsklemmen möglichst so ein, dass Sie das Teleskop mit minimalem Druck bewegen können, es aber seine Position behält, wenn Sie es loslassen.
Mit einer Nachführung haben Sie es einfacher: Dann bleibt der Mond immer schön zentriert, und Sie können die Kamera in aller Ruhe ausrichten. Achten Sie darauf, dass der Mond möglichst mittig steht. Dann ist er am schärfsten. Abbildungsfehler wie Verzeichnung oder Farbsäume treten am Rand des Gesichtsfelds am stärksten auf. Auch eine parallaktische Montierung ohne automatische Nachführung erleichtert die Arbeit, da Sie hier nur in einer Achse nachführen müssen (und ggf. einen Nachführmotor nachrüsten können.
Fokussieren Sie das Teleskop so, dass Sie mit dem bloßen Auge ein möglichst scharfes Bild sehen.
Wohin mit der Kamera?
Das Kameraobjektiv sollte genau so positioniert werden wie Ihr Auge: Mittig hinter dem Okular, im selben Abstand (der Augenabstand des Okulars gilt für die menschliche Pupille genauso wie für die Linse der Kamera) und senkrecht zur optischen Achse. Wenn die Kamera zu weit vom Okular entfernt ist oder dank Weitwinkelobjektiv ein größeres Feld überblickt als das Gesichtsfeld des Okulars, sehen Sie das Bild von einem schwarzen Kreis umgeben. Bei Tag fällt das natürlich mehr auf als am schwarzen Nachthimmel. Wenn dieser Kreis an einer Seite unscharf ist, ist die Kamera verkippt – dann ist auch mindestens eine Hälfte des späteren Bilds unscharf. Richten Sie sie ggf. so aus, dass der gesamte Bildkreis rundum scharf ist. Falls Ihre Handykamera keinen optischen Zoom hat (was der Regelfall ist), sondern nur einen Digitalzoom, lassen Sie sie auf Weitwinkel stehen – der Digitalzoom entspricht der Ausschnittsvergrößerung am PC; am Handy verlieren Sie nur Auflösung.
Welcher Smartphone-Adapter?
Komfortabler als nur freihändig ist es, wenn Sie einen Smartphone-Adapter verwenden, um das Handy zu positionieren. Es gibt mittlerweile eine ganze Reihe von kleinen Helfern am Markt. Am komfortabelsten sind die Modelle, die genau auf ein Handy und ein Okular abgestimmt sind. Solche Adapter waren zum Beispiel für die Regal-Spektive von Celestron und einige Smartphone-Modelle erhältlich. Allerdings werden gute Optiken länger benutzt als Smartphones, sodass sich heute universelle Smartphone-Halter durchgesetzt haben.
Die aktuellen Modelle unterscheiden sich in der Handhabung deutlich. Weit verbreitet sind Systeme, bei denen das Smartphone von allen Seiten mit Klammern am Rand gehalten wird. Diese Modelle sind aber nicht nur hakelig in der Handhabung: Bei manchen ist eine der Klammern auch exakt so platziert, dass sie auf die Aus-Taste vieler Android-Geräte drückt. Die Klemmung am Okular ist dagegen durchdachter und erfolgt meist über drei Gumminoppen, die ähnlich wie das Futter einer Bohrmaschine angezogen werden.
Eine interessante Alternative bieten die Celestron Inspire-Teleskope, bei denen eine Smartphonehalterung in den Staubschutzdeckel des Objektivs eingearbeitet ist. Das Handy wird mit ein paar Gummibändern auf eine Antirutschmatte gedrückt und hält seine Position so sehr sicher. Zugleich kann die Kamera präzise über dem Loch im Adapter und somit über dem Okular zentriert werden. Über drei Schrauben wird der Adapter dann auf den Okularen der Inspire-Serie oder auf anderen Okularen mit gleichem Durchmesser befestigt – zum Beispiel auf viele der Celestron Omni-Okulare.

Mehr Informationen: NexYZ Universaler 3-Achsen Smartphone Adapter (#825821 , € 75)
Universal einsetzbar:
Die Bildaufnahme
Wenn der Bildausschnitt passt, muss der Auslöser gedrückt werden. Der größte Feind bei der Bildaufnahme sind Erschütterungen. Wenn Sie den Bildschirm antippen, lassen sich Vibrationen jedoch kaum vermeiden.
Drei Möglichkeiten für ruhige Bilder gibt es aber doch:
- Fernauslöser: Die Kameras einiger Handys lassen sich über die Lautstärketasten der Kopfhörer auslösen.
- Zeitauslöser: Wenn die Kamera auf Selbstauslöser gestellt ist, hat das Teleskop ausreichend Zeit zum Ausschwingen, bevor ein Bild aufgenommen wird. Tipp: Nehmen Sie nach Möglichkeit nicht nur ein Bild auf, sondern gleich eine kurze Serie.
- Bildstabilisator: Einige Apps wie z.B. ProCamera werten die Bewegungen des Smartphones aus und lösen erst dann aus, wenn das Gerät sich nicht mehr bewegt. Dann wackelt auch das Teleskop nicht mehr. Auch hier lohnt sich die Serienaufnahme.
Bevor Sie auslösen, müssen Sie noch fokussieren und die Belichtung einstellen. Tippen Sie dazu eine hellere Stelle auf dem Mond an, damit das Bild nirgends überbelichtet ist. Die Kamera fokussiert automatisch, Sie müssen nur darauf achten, dass der Mond nirgends "ausbrennt". Die meisten Apps geben Ihnen die Möglichkeit, die Belichtung zu korrigieren – oft über ein kleines Sonnensymbol im Bild. Mit besseren Apps können Sie die Belichtung feinfühliger regeln und sogar Belichtung und Fokus auf verschiedene Bildpunkte legen. Falls die ISO-Zahl einstellen können, nehmen Sie ruhig einen niedrigen Wert – dann stört das Bildrauschen nicht so sehr. Denken Sie ruhig auch einmal darüber nach, ob sich nicht vielleicht ein Video lohnen könnte. So können Sie zum Beispiel dokumentieren, wie auf dem Mond Berggipfel aus dem Schatten auftauchen, oder die seltenen Gelegenheiten, bei denen der Mond einen hellen Stern oder gar einen Planet verdeckt. Auch für irdische Ziele ist das interessant: Wenn Sie ein Vogelnest beobachten, können Sie so z.B. die Fütterung schöner dokumentieren als mit einfachen Standbildern. Mit der richtigen Software lässt sich das dann auch live ins Internet streamen! Z.B. mit der Software VLC können Sie auch Einzelbilder aus einem Video extrahieren.
Die Bildbearbeitung
Moderne Smartphones optimieren die Bilddaten oft bereits intern so sehr, sodass eine Nachbearbeitung kaum sinnvoll ist.
Wenn möglich sollten Sie RAWs aufnehmen, oder zumindest TIFF-Bilder, wenn die Software das zulässt. Alternativ sind unkomprimierte JPGs eine Option.
Gerade Übersichtsaufnahmen des Monds benötigen auch keine umfangreiche Nachbearbeitung, wenn die Rohdaten korrekt belichtet sind. Lediglich mit Helligkeit/Kontrast oder der Funktion Gradationskurven können Sie bei Bedarf dunkle Bereiche etwas aufhellen. Überbelichtete, "ausgebrannte" Regionen lassen sich dagegen nicht mehr retten. Mit dem Kontrastregler können Sie noch ein wenig herumspielen – aber übertreiben Sie es nicht.
Ganz wichtig: Schauen Sie sich den Mond auch im Okular an. Nur wenn Sie wissen, wie er in Wirklichkeit aussieht, können Sie in der Bildbearbeitung ein naturgetreues Ergebnis erreichen.
Und dann?
Wenn Sie Ihr erstes schönes Mondbild im Kasten haben, können Sie weitermachen. Der naheliegendste Schritt ist es, höher zu vergrößern. Arbeiten Sie dafür möglichst nicht mit dem Digitalzoom der Kamera (das können Sie besser nachträglich am PC machen), sondern verwenden Sie ein höher vergrößerndes Okular. Sie werden rasch merken, dass mit steigender Vergrößerung auch die Anforderungen steigen – aber was wäre das Leben ohne Herausforderungen?
Ein anderes schönes Ziel wäre es, einmal die Mondphasen Tag für Tag zu dokumentieren. Aber seien Sie gewarnt: Wenn Sie unseren Begleiter beispielsweise in Ein-Tages-Schritten im Bild festhalten wollen, brauchen Sie Geduld. Die Wolken verhindern in unseren Breitengraden, dass Sie dieses Projekt in vier Wochen abschließen (oder in zwei, wenn Sie nur den zunehmenden Mond bis Vollmond jagen), oft genug verpasst man auch den richtigen Zeitpunkt und erwischt den 7,3 Tage alten Mond anstelle des exakt sieben Tage alten Monds. Aber es ist ein reizvolles und lohnendes Projekt. Dabei lernen Sie auch, bei den Aufnahmen auf den Weißabgleich zu achten: Wenn Sie sich auf die Kameraautomatik verlassen, können die Bilder so voneinander abweichen wie in der Bildreihe unten. Besser ist es, wenn Sie sich möglichst wenig auf die Kameraautomatik verlassen.
Ebenfalls ein lohnenswertes Ziel ist es, einmal die Libration zu zeigen: Durch die Umlaufbahn um die Erde und die unterschiedlichen Geschwindigkeiten sehen wir im Lauf der Zeit fast 60 Prozent der Mondoberfläche – behalten Sie also seine Ränder im Blick! Sie können auch versuchen, die unterschiedliche Größe des Mondes im Lauf der Zeit zu dokumentieren. Wenn die Medien wieder einmal einen Supermond verkünden, steht er nahe an der Erde. Von einem Mikromond in Erdferne wird dagegen nicht berichtet – hier müssen Sie auf ein Jahrbuch zurückgreifen. Im Schnitt trennen uns 384.400 km vom Mond, dabei kann er sich über 400.000 km von der Erde entfernen – oder ihr bis auf fast 363.000 km nahe kommen. Wer ein gutes Gedächtnis hat, kann das schon mit bloßem Auge bemerken. Auf Fotos ist es eindeutig.
Viel Spaß!
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Über den Autor: Alexander Kerste

Alex ist von Haus aus studierter Biologe und arbeitet als Freiberufler unter anderem als Autor, Berater und Übersetzer. Nach dem Studium und der Veröffentlichung des Kosmos Sternkarten-Sets im Jahr 2004 war er unter anderem regelmäßiger freier Mitarbeiter bei Astronomie Heute und dem Jahrbuch Der Himmel für den Spektrum-Verlag in Heidelberg. Er betreut die Einsteigerkurse auf www.Astronomie.de und ist seit 1993 ehrenamtlich auf der Heilbronner Robert-Mayer-Sternwarte aktiv. Seitdem hat er eine Reihe von Büchern veröffentlicht, über Celestron-Teleskope ebenso wie über Digiskopie und zuletzt Astrofotografie. Eines seiner Bücher über Astronomie mit dem Fernglas ist auf freebook.fernglasastronomie.de auch frei zugänglich. Außerdem betreut er Nordlicht-und-Sterne-Reisen auf der Hurtigrute – auch diese wurden in einem Reiseführer verarbeitet, die Reiseberichte gibt es auch in seinem Blog auf kerste.de.